Ian Gilchrist, Michael Storr, Elizabeth Chapman und Lucie Pelland
Nackenmuskelkrafttraining im Risikomanagement von Gehirnerschütterungen im Kontaktsport: Kritische Bewertung der Anwendung in der Praxis
Hintergrund: Nackenkrafttraining wird als spielerspezifischer, veränderbarer Faktor im Risikomanagement für Gehirnerschütterungen bei Kontaktsportarten empfohlen. Eine umfassende Literaturrecherche wurde durchgeführt, um zwei spezifische Ziele zu erreichen. Das erste war, das Niveau und die Qualität der Beweise zu ermitteln und kritisch zu bewerten, die Nackenkraft und Widerstandstraining mit der Häufigkeit und dem Risiko von Gehirnerschütterungen bei Kontaktsportarten in Zusammenhang bringen. Das zweite war, die Wirksamkeit von Widerstandsprogrammen zur Stärkung des Nackens zu vergleichen und gegenüberzustellen sowie die Auswirkungen erhöhter Kraft auf die Abschwächung der Kinematik des Kopfes nach dem Aufprall zu bewerten, einem Proxy-Indikator für das Gehirnerschütterungsrisiko. Methoden: Strukturierte Suche in fünf elektronischen Datenbanken (Ovid MEDLINE, CINAHL, PubMED, EMBASE und AMED), wobei MeSH und generische Suchbegriffe kombiniert wurden, die Nackenkraft mit der Biomechanik, dem Risiko und der Häufigkeit von Gehirnerschütterungen in Zusammenhang bringen. Das Niveau der Forschungsnachweise (Oxford Centre of Evidence-based Medicine) und die methodische Qualität wurden bestimmt (PEDro und Newcastle-Ottawa Scales). Ergebnisse: Die gesamte isometrische Nackenkraft sagte in einer prospektiven Studie die Häufigkeit von Gehirnerschütterungen voraus (Level 1b). Die Effektstärke der Kraft auf die Häufigkeit von Gehirnerschütterungen war gering (Cohens d, 0,29). Die maximale isometrische Kraft sagte nicht die Wahrscheinlichkeit voraus, bei Kontaktsportarten einen mittelschweren oder schweren Kopfaufprall zu erleiden (Level 1b, 2b und 4). Kurzzeitige antizipatorische Kraft übt eine abschwächende Wirkung auf die Kinematik des Kopfes nach dem Aufprall aus (Level 1b, 2b) und kann durch ausgewählte Parameter des isotonischen Krafttrainings erleichtert werden. Die methodische Qualität der Forschungsergebnisse lag bei kontrollierten Studien zwischen 6/10 und 8/10 und bei Fallstudien und Kohortenstudien zwischen 6/9 und 9/9. Schlussfolgerung: Kurzzeitige Kraft, die vor dem Aufprall entwickelt wird, ist eine wichtige modifizierende Variable der Kinematik des Kopfes nach dem Aufprall. Durch die Förderung der kurzzeitigen Nackenkraft ist Muskelkrafttraining ein potenzielles Ziel, um das Gehirnerschütterungsrisiko günstig zu beeinflussen, aber es sind weitere Studien erforderlich, um die Auswirkungen der Nacken-/Kopfkinematik auf das Gehirnerschütterungsrisiko zu bestimmen. Es müssen standardisierte Methoden zur Bewertung der multidirektionalen kurzzeitigen und maximalen Nackenkraft übernommen und mit prospektiven Studien kombiniert werden.