Jonathan Moriarty
Hypereosinophilie wird sowohl mit hämatologischen als auch mit neurologischen Erkrankungen assoziiert. In diesem Fall sollen die Differenziale zwischen zwei scheinbar verwandten Erkrankungen aufgezeigt werden, die jedoch unabhängig voneinander sind.
Eine 81-jährige Asthmatikerin mit chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich stellte sich in der Notaufnahme mit einem seit 3 Tagen bestehenden Fallfuß im linken Bereich vor. Bei ihr wurde zufällig eine Eosinophilie von 19,9 x 109/l festgestellt (normal 0,05 - 0,5 x 109/l). Zu den signifikanten Untersuchungsbefunden gehörten eine Potenz von 1/5 in allen Muskelgruppen des linken Fußes sowie ein fehlender linker Knöchelreflex. Differenziale für das gleichzeitige Auftreten von Eosinophilie und Fallfuß umfassten eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA). Nervenleitungsstudien stimmten jedoch nicht mit einer Mononeuritis multiplex überein, sondern deuteten eher auf eine L5/S1-Radikulopathie hin. Eine MRT der lumbosakralen Wirbelsäule bestätigte eine Nervenwurzelkompression und eine linksseitige Bandscheibenprotrusion in den Regionen L4-L5 bzw. L5-S1. Wir versuchten, hämatologische Ursachen auszuschließen, und die Knochenmarkbiopsie, zytogenetischen Untersuchungen, Durchflusszytometrie und molekularen Untersuchungen waren ebenfalls negativ.
„Idiopathisches hypereosinophiles Syndrom“ war die wahrscheinlichste Diagnose, da alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen wurden. Sie begann mit oralen Kortikosteroiden und nach 9 Behandlungstagen verschwand die Eosinophilie und der Fallfuß besserte sich durch Physiotherapie. Zunächst schien es sich um eine eindeutige Diagnose von EGPA zu handeln, aber als wir hinter die Kulissen blickten, wurde klar, dass der Fallfuß eine „Ablenkungsmanöver“ war.